Weihnachten: Selbstreflexion, die Beziehungen herausfördern kann
Bald ist Weihnachten. Dieses christliche Fest bringt mich immer wieder zum Nachdenken. Das hat damit zu tun, dass das Weihnachtsfest am Ende des Jahres liegt und somit auch zu dem Zeitpunkt, wo ich automatisch auf das vergangene Jahr zurückblicke. Auf meine Erlebnisse. Erfolge. Misserfolge. Auf die Gesellschaft. Auf meine Beziehungen. Weihnachten und die Weihnachtsgeschichte machen etwas mit mir. Fördern mich positiv heraus.
Die Themen im Überblick:
Was hat uns die Weihnachtsgeschichte heute noch zu sagen? Was löst sie in unserer Selbstreflexion aus?
Gestern wie heute: Es geht um Geld und Macht
Die Protagonisten aus der biblischen Weihnachtsgeschichte waren ganz schön gefordert. Weil der damalige Kaiser eine Volkszählung durchführen liess, mussten Josef und die hochschwangere Maria in ihren Heimatort Betlehem reisen. Mit seiner Volkszählung wollte Kaiser Augustus herausfinden, wie viel Steuern er vom Volk noch einholen konnte.
Es ging also ums Geld und damit verbunden um Macht.
Trotzdem möchte ich die Weihnachtsgeschichte nicht in diesem eher negativen Licht stehen lassen. Also suche ich meine eigene Erklärung und Bedeutung.
Was sagt mir diese Geschichte für mein heutiges Leben?
Damals: Herausforderungen, eine Ankündigung, Freude
Herausforderung: Eltern werden ist schwer
Für ein junges Paar, das ein Kind erwartet, ist so eine Reise mit grossen Strapazen verbunden.
Was, wenn die Wehen unterwegs einsetzen?
Was würde Josef wohl unternehmen? denke ich. Ich stelle mir die dortige Gegend vor. Ob es da Hebammen gab? Mit Sicherheit war eine Geburt vor allem Frauensache. Ob die beiden durch die Wüste, fernab der Zivilisation, gewandert sind? Darüber schweigt die Original-Weihnachtsgeschichte. Nun, sie waren sicher nicht die einzigen, die nach Betlehem wanderten. Und doch:
Diese Reise war ganz sicher eine grosse körperliche und psychische Herausforderung. Das hat Elternwerden auch heute noch an sich.
Eine Geburt ist und bleibt etwas Einzigartiges und Ängste gehören dazu.
Maria und Josef und neu auch Jesus. Als Paar weiss man: Von nun an verändert sich der Alltag. Der Fokus verschiebt sich. Plötzlich wird man von seinen eigenen Kindern direkt und ehrlich reflektiert. An die eigene Kindheit erinnert. Will vieles als schwierig Erlebtes anders machen und kommt immer wieder an seine eigenen Grenzen.
Ganz egal, wie wir drauf sind und was in der Gesellschaft geschieht: Kinder brauchen Liebe und Begleitung. Sie haben ein Recht darauf.
Kinder reflektieren uns Eltern. Was löst das Leben von Jesus Christus in uns aus?
Die Ankündigung durch Engel
Die Weihnachtsgeschichte erzählt uns weiter von Hirten auf dem Feld. Von Engeln, die diesen Menschen erschienen und die Geburt von Jesus Christus angekündigten.
Engel sind für mich schwierig vorzustellen. Oft werden sie als menschenähnliche Gestalten mit Flügeln abgebildet. Was wir nie selbst erlebt und gesehen haben, können wir uns nicht vorstellen. Dann greifen wir auf unser eigenes, inneres «Bild-Archiv» zu. Was uns fremd ist, wird auch fremd dargestellt.
Ich stelle mir vor, wie ich unterwegs bin und plötzlich erscheint mir ein solcher Engel. Er informiert mich, dass ein neuer König geboren wurde, der die Welt verändern wird. Was macht man in so einer Situation? Da wir im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz leben, würde ich es wahrscheinlich als KI-Gag abtun.
Das würde allerdings nichts an meiner Sehnsucht ändern, dass da jemand käme, der unsere Gesellschaft wieder ins Lot bringt.
Einer wie Christus. Der auf Unrecht offen hinweist, Kranke heilt und offensichtlich einen klaren Plan für die Gesellschaft hat. Letzteres fehlt mir sehr. Wir leben in einer Gesellschaft, die von der Wirtschaft geprägt wird, obwohl das Dringendste wohl unser Miteinander und unser Lebensraum ist. Welche Themen würde dieser Christus wohl ansprechen?
Ich komme nicht um das Gefühl herum, dass er auf unsere Beziehungen hinweisen würde. Die Beziehung zu uns selbst, zu unseren Mitmenschen und zu ihm. Beziehungen sind das A und O für uns Menschen.
Sind sie im Lot, brauchen wir nicht zu versuchen, durch Besitz unsere innere Leere zu füllen. Weil gute Beziehungen erfüllen.
Wir würden uns selbst genügen. Wären machtlos. Im positiven Sinn. Erfülltsein führt in absichtslose Begegnungen. In Kommunion (ein Miteinander, das den Anderen nicht korrigieren, ändern, sondern nur verstehen will).
Was hätte eine solche Einstellung für einen Einfluss auf die soziale Not! Auf das Klima. A. Auf das Tragen und getragen Werden. Auf unsere aktuellen Themen…
Das klingt zu schön, um wahr zu sein. Es fühlt sich an wie Weihnachten …
Freude ist da und darf auch bleiben
Die Hirten, die frischen Eltern – alle freuten sich über das neugeborene Kind. Babys sind immer ein Wunder. Sie sind die Samen unserer Zukunft. Sichtbare Zeichen, dass es weitergeht mit dem Projekt Mensch. Babys brauchen Menschen um sich herum, die sie begleiten, sie unterweisen und ihnen auch ihre eigenständige Entwicklung ermöglichen. Kurzum: Sie von ganzem Herzen lieben.
Babys verändern sich. Werden älter. Uns ähnlicher und später fremder. Und mit der Zeit vielleicht wieder ähnlicher.
Auch Christus ist seines Weges gegangen. Eines Weges, den wohl die meisten Eltern lieber verhindert hätten.
Wahrscheinlich hätte auch er lieber ein langes Leben geführt. Doch sein Auftrag, Menschen von Gott zu erzählen, ihnen Perspektiven zu geben, war ihm wichtiger.
Wie viele Menschen in der heutigen Zeit werden sehr alt und das manchmal, ohne gross Perspektiven erfahren zu haben … Leben ohne Erfüllung. Kann das Leben sein? denke ich und lasse diesen provokativen Gedanken zu.
Weihnachten: Himmlische Unterstützung für unsere Beziehungen. Zu uns selbst. Zu unseren Mitmenschen und zu Gott.
Weihnachten entdecken, unsere eigene Geschichte reflektieren
Mit der Weihnachtsgeschichte verbindet uns mehr, als wir vielleicht wahrnehmen. Sie erzählt vom Leben, wie auch wir es kennen. Von Menschen, die garantiert ähnliche Fragen und Sorgen hatten wie wir. Die in eine Zeit hineingeboren wurden, wo es an Herausforderungen, an Macht und Gier nicht fehlte.
Man muss anhalten, um Weihnachten erleben zu können. Das Tempo herunterfahren. Leise werden. Bewusst hören, was uns die Stille sagt. Uns herausfördern lassen.
Vielleicht müssen wir unser Leben neu denken. Vielleicht entdecken wir sogar unliebsame Eigenheiten an uns. Die Lust, diese wegzuschieben oder zu beschönigen, ist gross. Warum nicht angehen? Weihnachten fordert uns auf, unsere eigene «Weihnachts-»Geschichte zu reflektieren und vielleicht sogar neu zu schreiben. Denn dies hat auch Einfluss auf unsere Beziehungen.
«Weihnachten ist, wenn die besten Geschenke am Tisch sitzen und nicht unterm Baum liegen!» – Anonym
Denn nichts ist so wertvoll wie Beziehungen.
© christliche-werte.ch, 31.10.2024, Autor: Andreas Räber, Lektorat: Tabea Räber
Zum Autor dieses Weihnachtsimpulses
Andreas Räber ist GPI®- und Enneagramm-Coach und fundierter Querdenker. Er fördert neue Denk- und Sichtweisen, zum einen als Autor zahlreicher Blogs, Fachartikel und Kurzgeschichten (auch eine Weihnachtsgeschichte) rund um Beruf, Glauben und Leben. Zum anderen begleitet er seit über 14 Jahren Menschen bei Themen wie Standortbestimmung, berufliche Neuorientierung, berufliche Selbstständigkeit, Persönlichkeitsentwicklung etc.
Er ist Inhaber der Webseiten christliche-werte.ch, christliche-lebensberatung.ch, ausbildung-tipps.ch, berufliche-neuorientierung.ch und christliche-feiertage.ch und Autor des wöchentlichen Impuls-Newsletters «Anstubser».
Andreas Räber ist zudem seit über 23 Jahren im Bereich Internet und Online-Marketing tätig.