Die Weihnachtsgeschichte unter der Lupe
Jedes Jahr wird sie in Kirchen und Familien verlesen: die Weihnachtsgeschichte. Manches Kind hat sich gefragt, ob Ochs und Esel wirklich dabeistanden, was es mit dem Stern und den Hirten auf sich hatte und wer als Erwachsener ergriffen in der Geburtskirche in Bethlehem steht, ist sich nicht sicher: War es nun ein Stall, in dem Jesus geboren wurde, oder eine Höhle? Was hat es mit den Weihnachtsgeschichten aus aller Welt auf sich?
Die Themen im Überblick:
Die Weihnachtsgeschichte im Fokus
Weihnachten als Familienfest
Wer Heiligabend mit seinen Liebsten zusammenkommt und Familienrituale aufleben lässt, meint in langer Tradition zu stehen. Das 19. Jahrhundert mit seinen bunten Bildern hat unsere Vorstellungen vom Weihnachtsfest geprägt.
Dabei blitzt ab und an ein Zweifel auf, wenn man an die Chlausgeisseln denkt oder das Lukasevangelium hinterfragt. Wie passen der Lichterbaum und die Weihnachtsgeschichte zusammen? Wo kommen Christkind, Samichlaus und Weihnachtsmann eigentlich her?
Mancher Weihnachtsbrauch hat heidnische Wurzeln. Die reichen nicht nur bis ins frühe Mittelalter, sondern stammen sogar aus der Antike.
Dem Glauben schadet das Fragen nicht. Es erklärt, wie Riten entstanden, und macht es leichter, das Weihnachtsfest in allen seinen Dimensionen zu erfassen.
Nicht selten droht das Fest der Feste im Konsumwahn zu ersticken oder seine Bedeutung in der Vielfältigkeit zu verlieren. Wer um das Weihnachtsfest und seine Entstehung weiss, der hat die Kraft, lieb gewordene Traditionen zu bewahren und an die nächsten Generationen weiterzugeben.
Die Weihnachtsgeschichte hinterfragen?
Heiligabend wird am 24. Dezember gefeiert. Die Stunden nach Einbruch der Dunkelheit gelten als Geburtstag Jesus von Nazareth.
Das Lukas-Evangelium erzählt uns von Maria und Josef, die auf dem Weg zur Volkszählung nach einer Herberge in Bethlehem suchten und nur noch im Stall Unterkunft fanden.
Ob es wirklich ein Stall war, ist fraglich. Die Geburtskirche in Bethlehem wurde über einer Höhle errichtet. In der Grotte erinnert ein Silberstern an die Geburt des Gottessohnes durch die Jungfrau Maria. Auch der Platz der Krippe ist bezeichnet.
Den ersten Christen muss der Ort bekannt gewesen sein, denn Hadrian soll einen heidnischen Tempel an ebendieser Stelle errichtet haben, um die Verehrung zu unterbinden.
Viele Krippen, die zur Weihnachtszeit mit der Heiligen Familie und den Hirten aufgestellt werden, nehmen die Grotte als Hintergrund auf, andere bestärken die Vorstellung von einem heimischen Stall. In Bethlehem werden Gottesdienste zur Feier der Geburt Jesus an verschiedenen Stellen zelebriert.
Jesu Geburt in Stall, Grotte oder Höhle? Wir wissen es nicht genau.
Vom Dies natalis Solis Invicti zu Christi Geburt
Oft wird die Wintersonnenwende mit dem Weihnachtsfest in Verbindung gebracht. Die Sonne hatte in früheren Zeiten essenzielle Bedeutung für das Leben. Mit der Sonnenwende wurden die Tage wieder länger. Nach dem schon unter Caesar eingeführten Julianischen Kalender fand die Wintersonnenwende am 25. Dezember statt.
Dieser Tag wurde in der Antike gefeiert. Doch im 4. Jahrhundert erschien er direkt als Dies natalis Solis Invicti, als Geburtstag des unbesiegten Sonnengottes, und wurde mit einem grossen Staatsakt zelebriert. Der antike Herrscherkult war eng mit dem Sonnengott verbunden.
Im Zuge der Auseinandersetzungen und der Konsolidierung des Christentums wurde der 25. Dezember zum Tag der Geburt Jesu.
Dem entsprach, dass der Tag etwa neun Monate nach Mariä Verkündigung liegt, die am 25. März begangen wird. Bereits gegen Ende des 4. Jahrhunderts soll Kaiser Konstantin, der auch den Sonntag etablierte, das Weihnachtsfest eingeführt haben.
Das Licht spielt auch in heidnischen Kulten eine Rolle. Grosse Feuer wurden zur Wintersonnenwende entzündet. Das Julfest wurde zwischen Ende Dezember und Anfang Februar gefeiert. Håkon der Gute bestimmte, dass Julfest und Weihnachten am 25. Dezember zu feiern seien. Er erhoffte sich einen versöhnlichen Ausgleich.
Noch heute gibt es in vielen Familien den Weihnachtsbrauch, sich in der Weihnachtsnacht an einem Feuer zu treffen.
Jingle Bells kündigen Weihnachten an
Mit Luther unterm Weihnachtsbaum?
Wie in der Weihnachtsgeschichte verbinden sich bei Weihnachtsmann, Nikolaus und Weihnachtsbaum heidnische Rituale mit christlichen Elementen. Der Brauch, die Kinder am Weihnachtstag zu beschenken, ging ursprünglich auf St. Nikolaus zurück.
Der Legende nach soll der Heilige Nikolaus drei Schwestern vor Unglück bewahrt haben, indem er jeder einen goldenen Apfel als Mitgift schenkte.
Die Weihnachtsgeschichte kann als Bezug dienen, da die drei Könige dem Neugeborenen Weihrauch, Myrrhe und Gold als Geschenke darbrachten.
Im katholischen Raum war es üblich, am 28. Dezember, dem Tag der unschuldigen Kindlein, durch ein als Bischof verkleidetes Kind kleine Gaben verteilen zu lassen.
Unter Luther kam das Schenken durch den Heiligen Christ auf, der später zum Weihnachtsbrauch des lieblichen Christkinds wurde. Im Weihnachtsmann treffen sich die Traditionslinien von Knecht Ruprecht, dem Heiligen Christ und dem Nikolaus.
Und der Weihnachtsbaum? Er ist das Pendant der Maibäume. Mit Lichtern besteckt gibt es ihn seit dem frühen 17. Jahrhundert. Luther selbst hat ihn nicht mehr erlebt.
Weihnachtsgeschichten aus aller Welt
Die Weihnachtsgeschichte lebt von Metaphern und ihrem tieferen Sinn, der sich auf verschiedenen Ebenen in jedem Menschenleben wiederholt. Darum wird sie seit Jahrhunderten erzählt und hat nichts von ihrer Faszination eingebüsst. Das Wunder des Lebens, das Erstrahlen des Lichts in der Dunkelheit als Hoffnung und Realität haben in allen Zeiten auf der ganzen Welt bis heute Bestand.
© Autorenteam – Christliche-Werte.ch, 19.10.2020