Ehe für alle: Tipps zur Reflexion unserer Werte
Am 26.9.2021 stimmen wir über die «Ehe für alle» ab. Diese Abstimmung löst bereits im Vorfeld viele Emotionen aus. Was ist richtig? In diesem Artikel greife ich einige Punkte auf, die mir persönlich wichtig erscheinen. Sie sollen helfen, damit verbundene Fragen zu reflektieren.
Die Themen im Überblick
Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren, Kinderwunsch, Kindeswohl und Samenspende sind die wichtigsten Punkte, welche im Zusammenhang mit der «Ehe für alle» diskutiert werden müssen. Es tauchen erste Flyer in der Post auf und ich erhalte WhatsApp-Nachrichten mit entsprechenden Infolinks von besorgten Menschen.
Die nachfolgenden Zeilen sollen helfen, dieses Thema bewusst zu reflektieren.
Nichts ist heute so konstant wie Veränderungen.
Veränderung gehört zum Leben
Die Welt ist nicht mehr die gleiche wie in unserer Jugendzeit, geschweige denn wie vor 2000 Jahren.
Kein Tag gleicht dem andern und wir verändern uns fortlaufend, oft ohne es zu merken, weil wir mittendrin sind.
Manchmal braucht es einen bewussten Stopp, ein Innehalten, um seine Denkweisen zu überdenken und gegebenenfalls neu auszurichten. Das hat uns zum Beispiel die Corona-Pandemie, ein unerwartetes Ereignis, deutlich aufgezeigt. Unerwartete Ereignisse gehören zu unserer Geschichte.
«Junge Frauen strömten in Bildungsstätten und Büros, um etwas zu lernen und ihr eigenes Geld zu verdienen, das Verhältnis der Geschlechter wurde neu definiert, Idee und Wirklichkeit der sogenannten Versorgungsehe verblassten.»
Dieses Zitat stammt aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg (Quelle: Biografie Agatha Christie). Bereits damals wurden Lebensstile neu interpretiert.
Es können auch überraschende Begegnungen sein, die uns aufrütteln.
Herausforderungen brauchen Gesprächsbereitschaft
Vor einigen Jahren begegnete ich einem jungen Mann, der mir seine Geschichte erzählte und auch von seiner Homosexualität. Diese Begegnung hat bei mir viele Fragen aufgeworfen. Als langjähriger Besucher einer Freikirche hatte ich mich an dem orientiert, was mir von der christlichen Lehre her empfohlen wurde. Im Gespräch mit diesem Mann stellte ich fest, dass mir in all den Jahren direkte Begegnungen mit Homosexuellen gefehlt haben, um mir eine persönliche Meinung bilden zu können.
Um eine Situation oder Menschen mit ihren Gedanken und Sichtweisen verstehen und einordnen zu können, braucht es Dialogbereitschaft.
Was ist richtig? Wohin führt der gewählte Weg?
Was bedeutet «richtig»?
Oft verstehen wir darunter die Erfüllung unserer Vorstellungen und Erwartungen. Erwartungen werden von dem Moment an gefördert, wo wir geboren werden. Wir orientieren uns an unseren Bezugspersonen und an unserem sozialen Umfeld.
Was wir kennen und bisher erlebt haben, stufen wir als gut ein. Was neu ist, dem stehen wir kritisch gegenüber.
Diese Haltung hilft uns beim Beurteilen von Herausforderungen und Krisen. Unsere Denk- und Sichtweisen müssen jedoch auch mit der jeweils aktuellen Situation abgeglichen werden. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft haben ihre eigenen Gesetze. Es ist darum wichtig, diese gut zu überprüfen.
Klare Regeln erfordern eine klare Kommunikation
Als selbstständiger Unternehmer habe ich Vorstellungen davon, was meine Firma anbietet und was nicht. Bei einigen Themen lasse ich mehr Spielraum, bei anderen keinen. Erteile ich Aufträge an meine Mitarbeitenden oder an Partnerfirmen, werden die besonders wichtigen Punkte ganz klar kommuniziert.
Was wichtig ist, erhält einen deutlichen Fokus!
In der Bibel gibt es auch klare Anweisungen. Beispielsweise: «Und Gott der HERR gebot dem Menschen und sprach: Du darfst essen von allen Bäumen im Garten, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen.» (1. Mose 2.16 f)
Wichtiges wird besonders betont. Daneben gibt es Spielraum. Freiheit. Vertrauen und Entwicklung.
Eine klare Ansage betreffend Homosexualität, die unmissverständlich ist, fehlt mir in der Bibel!
Überzeugungen können stark machen, aber auch zu Betriebsblindheit führen
Überzeugungen geben Kraft und können auch betriebsblind machen
Ein Blick in die Geschichte zeigt uns verschiedene und teils kontroverse Meinungen zur Bibel auf. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden weltweit Evangelische Allianzen. Einige definierten dabei die Bibel als «inspiriert» und «unfehlbar». Die europäische Allianz wollte dem «unfehlbar» nicht zustimmen. Zu dieser Allianz gehörte auch Willhelm Busch (Autor von «Jesus unser Schicksal»). (Quelle: Das Wort und das Fleisch, Fundamentalismus, Podcast)
Die Bibel dokumentiert die Geschichte von Jesus Christus und liefert uns wertvolle Hintergrundinformationen.
Dabei enthält sie Begebenheiten, die Interpretationsspielraum lassen und die – je nach eigener Geschichte und der Sichtweise ganzer Gruppierungen – sehr eng ausgelegt werden können.
Der bekannte Neurowissenschaftler Dr. Beau Lotto schreibt in seinem Buch «Anders sehen»:
«Wenn Sie ein Problem mit den falschen vorgefassten Überzeugungen angehen, bleibt Ihnen kein anderer Weg, als diese Überzeugungen noch zu vertiefen, ganz unabhängig davon, ob Sie wissen, dass Sie sich von der Wahrheit weiter entfernen oder nicht.»
Diese Erkenntnisse sollten uns vorsichtig werden lassen, wenn es darum geht, andere Menschen und deren Lebensstil zu beurteilen. Dies zeigt auch die Erkenntnis von Daniel Kahneman (Psychologe und Nobelpreisträger) der den Begriff
WYSIATI – «What you see is all there is»
geprägt hat. Unser Unterbewusstsein konstruiert aus wenigen Informationen eine für uns plausible Geschichte. WYSIATI hält uns am Laufen und kann uns gleichzeitig auch auf Glatteis führen.
Familienmodell Mann und Frau
Der Erste Weltkrieg zeigt uns, dass Beziehung immer wieder neu definiert wurde und von äusserlichen Veränderungen geprägt war.
«Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind grosszuziehen».
So lautet ein Zitat aus Afrika. Wir landen wieder bei der Sippe. Vielleicht müssten wir heute von unserem sozialen Umfeld reden. Jeder Mensch hat nebst seinen Eltern und der erweiterten Familie auch noch Freunde (auch Erwachsene), Lehrer, Nachbarn etc., welche seine Erziehung mitprägen. Manchmal geben andere Erwachsene unseren Kindern das weiter, was wir nicht geben können. Dieses Prinzip gilt auch für Kinder von homosexuellen Paaren. Auch sie werden in ihrem Umfeld anderen Rollenbildern begegnen, die sie prägen.
Vor allem dann, wenn eine Familie am gesellschaftlichen Leben teilnimmt, geschieht ein Austausch, der das Leben von Kindern fördert.
Findet keine direkte Auseinandersetzung statt, kein bewusstes Entdecken von anderen Lebensformen, Denk- und Sichtweisen, wird auch keine Entwicklung stattfinden.
Ganz allgemein orientiert man sich gerne an dem, was man kennt.
Bedeutet dieses «Kennen» automatisch, dass es immer gleich bleiben muss? Es wäre fatal, wenn wir die heutige Entwicklung ausser Acht lassen würden.
Kindeswohl: Kindererziehung in der Sippe, bzw. im sozialen Umfeld.
Das Kindeswohl
«Ein Kind hat ein Recht auf Vater und Mutter» lese ich bei Gegnern der Abstimmung. Bei meiner Recherche treffe ich auf die Sendung:
Kinder aus homosexuellen Familien erzählen, wie sie ihre Kindheit erlebt haben.
- «Zwei Väter zu haben, ist für mich normal, es hat weder Vor- noch Nachteile».
- «Gell, du hast deine leibliche Mutter schon viel lieber.»
Für die beiden Kinder homosexueller Paare waren nie die Eltern oder der fehlende Elternteil das Problem, sondern viel mehr der Umgang unserer Gesellschaft mit der anderen Lebensform.
In der Schweiz leben geschätzt 6’000 bis 30’000 Kinder (Anm. korrigiert 10.9.21) aus sogenannten Regenbogenfamilien, genug, um sich eine Meinung zu bilden, ob gleichgeschlechtliche Beziehungen Kindern das Gleiche geben können wie eine Verbindung von Mann und Frau. Aus der SRF-Sendung geht hervor, dass
«für das Kindeswohl die Qualität der Beziehung der beiden Elternteile entscheidend wichtig ist.»
Dem stimme ich persönlich ausnahmslos zu! Es braucht Eltern, die Verantwortung für ihre Kinder übernehmen. Offenbar spielt das Geschlecht hierbei keine Rolle, zumindest keine so wichtige.
Es braucht eine Gesellschaft, die auf tragende Beziehungen setzt, welche das A und O unseres Lebens bedeuten.
Nachtrag 7.9.2021 Reinhörtipp «Seine Eltern? Zwei Frauen – «Alle Menschen können gute Eltern sein» – SRF Sendung. Der 39-jährige Pan Gander ist mit zwei Müttern aufgewachsen und teilt seine Erfahrungen.
Ich suche Kinder von Regenbogenfamilien
Ich, (Andreas Räber) Autor dieses Beitrages, würde gern direkt mit Kindern von Regenbogenfamilien sprechen. Ich möchte mir ein eigenes Bild machen. Bedingung: Sie müssten über 30 Jahre alt sein.
Ich wünsche mir ein unkompliziertes Treffen, ein gegenseitiges Kennenlernen ohne Vorurteile. Gelebte Gleichwertigkeit ist mir sehr wichtig.
Hätten Sie Interesse an einem Erstkontakt?
Melden Sie sich via kontakt@christliche-Werte.ch.
Ich freue mich, Sie kennenzulernen.
Andreas Räber
Sehr unglücklich finde ich die mit dieser Abstimmung verbundene Zustimmung zur Samenspende. Ein Kind auf Bestellung ist meiner Ansicht nach sowohl für homosexuelle wie heterosexuelle Paare abzulehnen. Manche Dinge sollten wir Menschen einfach akzeptieren.
Wir prägen uns und unser Umfeld
Unsere Denk- und Sichtweisen werden seit Menschengedenken durch Ängste geprägt. Mit unserem unseren Einstellungen und unserem Verhalten können wir anderen Schuld aufbürden, wo eigentlich keine ist.
Vor etwas zu warnen, was entweder noch nicht ist oder aus den aktuellen Erfahrungszahlen nicht belegt werden kann, ist darum reine Spekulation.
Es lohnt sich, Beziehung zu wagen und sich selbst ein Bild zu machen.
Meine Eindrücke verstehe ich nicht als abgeschlossen. Sie sollen ermutigen, sich dem Thema zu öffnen und Festgefahrenes zu entlarven.
© 2.9.2021 – Christliche-Werte.ch/ar
Reinhörtipp (Werbung)
Eine Sendung von Radio Life Channel
Weiterführende Tipps, Quellenangaben
Autor: Andreas Räber, GPI®-Coach
Weitere ergänzende Artikel auf Christliche-Werte.ch
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Liebe Regula
Vielen Dank für Deine aufmerksame Zeilen.
Die von mir erwähnte SRF Sendung spricht von geschätzten 30’000 Kindern. Eine weitere SRF-Sendung aus dem Jahr 2020 spricht von 13’000. Aus meiner Sicht immer noch aussagekräftig genug und hat nichts mit verzerrten Fakten zu tun. (Anm. 10.9.21 – SRF spricht von 6’000 bis 30’000 Kindern. Offenbar gibt es Quellen mit verschiedenen Angaben – laut meiner Anfrage bei SRF.)
Wer bestimmt, dass die Studien Mängel aufweisen und wie weiss man, dass die «vielen Studien», die Du erwähnst, stimmen? Was heisst «massiv schlechter»? Letztendlich sind es viele Faktoren, die ein Leben bestimmen. Diese nur auf die Erziehung oder Eltern zurückzuführen, wäre aus meiner Sicht falsch. Zumal es auch Kinder aus christlichen Ehen gibt, die den Rank nicht finden oder sogar ihre Eltern vermisst haben, weil diese dauernd in der Kirche waren … Und leider gibt es Kinder aus christlichen Familien, die sehr eng erzogen werden. Das schlechte Weltbild ist Programm. Der Feind … ist überall. Etc. Aus meiner Sicht sehr, sehr fragwürdig.
Die beiden «Kinder oder junge Menschen», die in der SRF Sendung porträtiert werden, zeigen eben keine «Schäden» sondern eher ein überzeugender Umgang mit dem Leben auf. Familie wird sehr oft als Idealbild dargestellt. Mein Eindruck: Wir alle nehmen aus unserer Kindheit Fragen oder Erlebnisse mit, die wir später aufarbeiten müssen. Etwas vermissen gehört zu unserem Leben. Die Frage ist doch, wir wir auf das Leben vorbereitet werden und lernen damit umzugehen. Mit den Rechten sind auch Pflichten verbunden. Das gilt auch für gleichgeschlechtliche Paare.
Weiter ist für mich klar, vermissen kann ich nur etwas, was ich schon kenne. Kenne ich es nicht, kann ich es nicht vermissen. Vater und Mutter können auch «fehlen» wenn sie anwesend sind … oder bei alleinerziehenden Eltern. «Es muss ja etwas fehlen» ist das, was mir von ehefueralle-nein.ch rüberkommt.
Schön wäre es, wenn Du Dir die SRF Sendung «Ehe für alle – Wir Kinder aus Regenbogenfamilien» noch anhören würdest. Klar, es sind lediglich zwei Menschen. Die stehen allerdings dafür, dass auch gleichgeschlechtliche Paare einen guten Job machen können.
Herzlich, Andreas
Lieber Andreas, du übernimmst an manchen Stellen die Argumentation der Befürworter, die Fakten teilweise verzerrt darstellt. Zum Beispiel sind es nicht 30 000 sondern zwischen 6000 und 30 000 sogenannte Regenbogenkinder. Doch ein ziemlicher Unterschied.
Und es gibt viele Studien, gerade die neueren, die zeigen, dass es diesen Kindern massiv schlechter geht als Kindern, die bei ihren biologischen Eltern aufwachsen. Viele LGBT – Studien weisen grosse Mängel auf.
Und es gibt auch Berichte von Kindern, die es nicht gut erlebt haben, die ihren Vater schwer vermißten usw.
Auf ehefueralle-nein.ch findest Du Videos von heute 30 bis 50jährigen Kindern von gleichgeschl. Paaren. Das ist deutlich aussagekräftiger, als wenn man Kinder oder junge Menschen befragt. Das eigene Aufwachsen schauen viele Menschen erst in der zweiten Lebenshälfte wirklich an. Den Lebensentwurf von LGBT Eltern in Frage zu stellen dürfte für ein Kind oder einen Jugendlichen sehr schwer sein…“es fehlt ja nichts – es darf nichts fehlen!“
Theologisch empfehle ich Dir die Artikel von danieloption.ch.
Herzlich, Regula
Vielen Dank für den spannenden Kommentar. Das sind neue und spannende Gedanken!
Danke für diese Anregung!
Tatsächlich finde ich es wichtig, in dieser Frage zu einem menschenwürdigen Entscheid zu kommen.
Keine Frage ist für mich, dass Menschen ungeachtet ihrer bio-psycho-sozio-spirituellen Einzigartigkeit gleichbehandelt werden sollen!
Insofern habe ich mir auch Gedanken gemacht, ob nicht „Ehe für niemanden“, d.h. die Abschaffung des Sonderstatus mit Rechten und Pflichten, die besser Option wäre um alle Menschen gleich zu behandeln. Das hätte aber dann einen Neubau der Sozialversicherungen zur Folge.
Für mich gilt als Richtschnur DAS LEBEN als solches. Darum finde ich eben auch, dass wir Menschen wieder mehr dazu finden sollten, unsere biologischen Grenzen zu akzeptieren und zu respektieren, und uns als Teil der Natur zu verstehen. Den „siehe, es ist gut“.
Für mich stellt diese Abstimmung ein Spannungsfeld zwischen Gleichbehandlung und respektieren der biologischen Grenzen dar, und es fällt mir nicht leicht, hier die Priorität zu setzen.